Freiburg. (mjeu/majo) Gestern Abend ging die Freiburger »Säule der Toleranz« in Betrieb, die Nutzer des Augustinerplatzes an das Verbot »Musikalischer Darbietungen« erinnern soll, indem sie rot wird. Es handelt sich um eine viereckige Konstruktion und damit technisch um einen Pfeiler und keine Säule. Aus milchigem Glas dringt farbiges Licht. Die meiste Zeit des Tages soll der Pfeiler bunt sein. Um 22:00 Uhr wird er ganz grün und vom unteren Rand her steigt Rot auf, das um 23:00 Uhr den ganzen Pfeiler ausmacht. Die Augustinernutzer verabscheuend die Säule und werden, je nach Besäufnisgrad, auch gegen sie handgreiflich.

Die Säule wird langsam rot. Die Flecken sind die Sticker, die sie in der ersten Stunde verpasst bekam.
Kaum ausgepackt, ist die »Säule der Toleranz« schon voll mit linksextremen Aufklebern. Kurz nach 22:00 Uhr rückt die Polizei das erste Mal an und nimmt die Personalien verschiedener Vandalen auf. Ein besonders dichter Mann hat kräftig auf den Pfeiler eingeschlagen.
Nach 22:00 Uhr, der Augustinerplatz ist bei knapp unter 20°C sehr gut besucht, sammeln dutzende Mikrofonträger und Kamerateams Statements von den Platzbesuchern. Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD), dessen Dezernat den Leuchtpfeiler sowie seine Aufstellung unter Umgehung der Fachausschüsse (meckert Coinneach McCabe von der G.A.F.) zu verantworten hat, zeigt Präsenz und wird laut und deutlich kritisiert. „Bei so einem Ton muss ich mit Ihnen nicht reden“, schreit er jemanden zurück an. Dann sagt er sinngemäß, Liberal heiße auch, die anderen in Freiheit ihre Ruhe haben zu lassen. Sein pöbelndes Gegenüber hört da ein Zitat von einem seiner Freiheitskämpferidole heraus und will dem Bürgermeister verbieten, den Spruch zu bringen. „Sie schreiben mir nicht vor, wen ich zitieren darf!“, ist er deutlich wütend.
Kurz vor zehn habe schon ein Pfeilerfeind erbost die Hosen herunter gelassen und sein Hinter- und Vorderteil gezeigt, wird erzählt. Ein Infoteam aus zwei Frauen ist unterwegs. Ihr 400-Euro-Job besteht darin, die Platzbesucher jeden Abend über Leisesein und Nachbarn Tolerieren aufzuklären. Sie haben Flyer dabei, in denen steht, dass ab 23:00 Uhr keine Musik mehr erlaubt ist und laute Musik überhaupt nie geht. Sie haben freie Hand in ihrem Job; eine Schulung mit Argumentationshilfen oder Deeskalationsstrategien gab es nicht.
23:00 Uhr, die Säule ist ganz rot. Alle johlen mal kurz, dann ist wieder ganz normale Augustinerstimmung. Gruppen trinken Bier und quatschen. Nur die rote Laterne ist neu.
Um 0:00 Uhr schaltet der Pfeiler wieder auf bunt. Um 0:30 Uhr kommen Polizei und Feuerwehr. Pfeilerfeinde haben ein Tau um das Lichtsignal geworfen und bedenklich wackeln lassen, später Papier darum aufgehäuft und angezündet. Letztendlich ist die »Säule« mit den Absperrgittern wieder zugebaut, die noch in der Nähe stehen geblieben waren.
Die »Säule der Toleranz« ist eine schlechte Idee, ein Alibi um hinterher sagen zu können: „Wir haben ja sanft zu kommunizieren versucht“, vielleicht ein Vorbote für krasse Verbote. Die Säule provoziert und die kleine Gruppe der rücksichtslosen Arschlöcher unter den Augustinern beschädigt sie. Ihre Funktion ist die einer In-your-Face-Uhr, wie der Nachbar, der mit dem Zeigefinger auf sein Ziffernblatt klopft. Wenn die »Säule« wenigstens was könnte: Mit Mikrofonen den Schalldruck messen und ab einer bestimmten Lautstärke rötlich werden um den Feierern eine Orientierung zu geben zum Beispiel. Aber so… was für eine dumme Idee!
• Das offizielle Blog von Junges Freiburg: hier.
Nein sorry, dass Du Dich mit dem Thema auch noch zu profilieren versucht – sorry, das hätte ich nicht erwartet.
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»Zu profilieren versuchst«? Das ist doch ein Junges-Freiburg-Kernthema seit Achtzehnhundert.
Ich bin seit sechs Jahren dabei und wir hatten »Freiräume« immer ganz oben auf der Tagesordnung. Siehe auch unser diesjähriges Wahlprogramm: http://www.junges-freiburg.de/index.php?option=com_content&task=view&id=192&Itemid=241
Zum Beispiel war ich im Mai auf einer Podiumsdiskussion des Bürgervereins Oberwiehre-Waldsee (https://martinjost.wordpress.com/2009/05/27/die-ochsentour/) und dort wurde wie jeden Sommer über die Sternwaldwiese nachgedacht. Die »Säule« der Toleranz war da noch eine sehr abstrakte Idee, aber die Anwohner, die auf der Podi auftraten, stellten die Frage, ob das auch für die Wiese ein taugliches Konzept wäre. Da muss man doch sagen dürfen, dass es erstmal nur so mittel funktioniert.
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Es ist 23:00 Uhr und vom Augustinerplatz hört man, wie die rote Säule wieder beklatscht und ausgepfiffen wird. Demnach leuchtet sie zumindest noch.
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He looks back once, and the radiant girl is rocking along on her braced leg faster than he had expected. This world is as vivid as any Curtis has ever seen, and more dazzling than many, but even among the uncountable glories of this place and even with the fabulous Polluxia at her side, Leilani Klonk is the focus of this scene and seems to trail the whole world behind her as if it were but a cloak.
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