The X-Mas Files
Von Christopher Mas
Der Korridor war grau, Boden und Wände glatt. Es kam ein ungemütliches grelles Licht durch große runde, vergitterte Lampen in der Decke. Ich erkannte teilweise zweisprachig, englisch und in einer unbekannten Sprache beschriftete Hinweisschilder. Die zweite Sprache konnte meiner Meinung nach nur marsianischen Ursprungs sein.
Der Korridor führte ein Stück weiter und zweigte am anderen Ende nach links und rechts ab. Von links kamen drei bewaffnete Männer mit Maschinengewehren. Sie trugen Overalls mit Rangabzeichen als Uniformen hatten Waffengürtel um und trugen Basecaps mit der Aufschrift „Area 51 MP“.
Aus der anderen Richtung kam ein sehr kleines Wesen in einem roten Kittel. Zudem trug es eine Kopfbedeckung und hatte viel weißes Fell im Gesicht. Auch das kleine Ding trug eine Waffe. Als die vier uns sahen, entspannten sie sich ein wenig, zielten aber immernoch auf uns.
Michael, der neben mir stand, wandte mir zwar den Kopf zu, drehte aber seine Augen und behielt die Securities so weiter im Blick. Er sagte leise zu mir: „Sieh nur, die lassen Aliens hier mitarbeiten.“ Dafür sprachen sowohl die Beschilderung als auch der kleine Fremde mit Fell im Gesicht im roten Laborkittel.
„Schnauze!“, schrie einer der drei grau Gekleideten so laut, dass es einem in den Ohren dröhnte und die Wände ließen das Geschrei noch unzählige Male widerhallen. Wie die Blitze zogen meine Gefährten ihre Waffen aus den Hosentäschchen und schleuderten den Soldaten 800 Schuss pro Sekunde entgegen. Die drei hatten nicht mehr viel, was sie dem entgegensetzen konnten, da sie ja nun recht matschig waren. Ihre Reaktionsgeschwindigkeit reichte jedoch aus, meine Kameraden mit in die Hölle zu nehmen. Natürlich war ich durch ihr plötzliches Ende schwer getroffen, aber immerhin verschaffte es mir die Exklusivrechte für diese Story.
Dass ich in der Lage sein wollte die Wahrheit in die Welt zu tragen war auch der Grund, warum ich meine Knarre lieber im Ärmel ließ. So provozierte zumindest ich nicht die schießwütigen Vier. Jetzt aber stand nur noch der kleine Außerirdische mit dem Fell gegenüber. Er reagierte zum Glück aber nicht übermäßig schnell und zum Sicherheitsoffizier war er auch nicht gerade geboren worden. Er verschwand einfach um die Ecke und flitzte davon.
Meine Mission aber war die Wahrheit und so verfolgte ich ihn. Zumindest versuchte ich das, flog aber auf dem verdammt glatten Fußboden erst einmal hin. Und als ich über die Reste der Securities lief, ruinierte ich mir meine Schuhe. Aber was opfert man nicht alles bereitwillig für die Wahrheit! Ich verfolgte den Zwerg durch den ewig lang scheinenden Korridor, aber als ich mit meinen nassen Schuhen auf dem glatten Boden überhaupt Grip fand, war er schon wieder hundert Meter weiter. Dann kam er an eine Abzweigung und ich bekam nicht viel mehr als den weiß gesäumten Zipfel seines roten Kittels zu Gesicht.
Kapitel 3. Nette Leute und die Wahrheit über Area 51
Ich war bald außer Puste von der Verfolgung. Da endete einer der Korridore, bis in welchen ich den Alien verfolgt hatte. Oder, besser, bis in welchen ich den roten Zipfel des Mantels des Alien verfolgt hatte, der immer gerade um eine weitere Ecke gebogen war, wenn ich ihn wieder zu sehen bekommen hatte. Jetzt stand ich jedenfalls in einer Sackgasse. Er musste entweder durch das Türchen, die Tür oder ein Tor entkommen sein. Da ich schon mal ein paar Semester Physik studiert habe, war mir klar, dass der Alien nur durch genau einen der drei Ausgänge gegangen sein konnte.
Hinter dem Türchen befand sich eine besetzte Toillette. Ich zog meine Waffe und eleminierte damit einen Augenzeugen. Hinter der Tür gab es ein kleines, aber feines Labor. Alles war weiß und sauber und überall brodelte und kochte es und bunte Flüssigkeiten standen in Gläsern herum und viele Stoffe wurden in Schüsseln und auf Tellern und in gläsernen Kühlschänken aufbewahrt und hier gab es Ionenzertrümmerer und Neonleuchten und Backöfen und ich sah Bleche mit Plätzchen und roch Massen von kandierten Mandeln.
In dem Labor hatten sich weitere drei Augenzeugen befunden. Ich fürchte, die Mandeln konnte man nicht mehr essen.
Das Tor aufzubekommen war schon schwierig. Ich musste erst einmal auf die Idee kommen, dass ein elektronischer Schalter mit der Beschriftung „Türöffner“ zum Öffnen des Tores diente, immerhin war es ein Tor und die Tür hatte ich auch schon so aufbekommen. Als ich den Knopf betätigt hatte, wurde das Tor nach oben gezogen und dahinter befand sich der größte Raum, den ich jemals sah. Es war eine über mindestens fünf Etagen führende Lagerhalle. Wie viele Quadratkilometer sie groß war, möchte ich nicht einmal schätzen und sie war bis unter die Decke und bis in jede Ecke vollgestopft mit Teddybären, Eisenbahnen, Puppen, Schaukelpferden, Zinnsoldaten, vergammelten Walnüssen und vielen Kartons und Tonnen, von denen ich nicht wusste, was in ihnen war. Das alles stand auf Regalen, die Kisten waren gestapelt worden zu Kistenstapeln, es gab noch Stapelkisten, Gabelstabler und Fotos des Raums können Sie am Montag exklusiv in «RealLifeMagazine» sehen.
Ich ging immer weiter. Zwischen einigen hohen Regalen gab es nur engste Gassen. Ich bewegte mich sehr leise und suchte immer noch nach dem Alien. Und dann hörte ich Schritte. Sie waren schwer und langsam und ich war sicher, dass sie nicht von meinem Verfolgten stammten. Ein letztes Mal prüfte ich die Einstellungen meiner Waffe und nahm wohlwollend zur Kenntnis, dass ich sie ordentlich entsichert hatte. Dann hob ich sie vor die Brust und drückte mich an das Regal. Ich hatte nur seine Giebelseite zu umrunden, dann würde ich ihm in die Augen sehen können…
Morgen: Was blüht Christopher Mas? Wird er überleben? Wird er den mutmaßlichen Alien zur Rede stellen können?
© 1998, 2009 Martin Jost