Lebensgefahr Weihnachtsmarkt
Jeder hier ist bewaffnet. Wer keine Tasse mit brühend heißer Flüssigkeit trägt, hat einen Regenschirm dabei.
Vor mir stoppen sie ab, hinter mir schubst was. Zur Seite umfallen unmöglich: zu voll. Und was war eigentlich das Weiche vorhin unter meinem Schuh? Wahrscheinlich wieder ein Kind. Ich bin auf dem Weihnachtsmarkt.
Heute trage ich meine Arbeitsschuhe. Die mit den Stahlkappen. Ellenbogen, Schirmstupser und Ketchup-Anschläge muss ich abkönnen, aber die Zehen lasse ich mir nicht zertrampeln! So gesehen bin ich auch bewaffnet. Ich Terrorist. Dabei will ich eigentlich nur einkaufen gehen. Doch zwischen meinem Zuhause und dem Discounter hat Jesus einen Weihnachtsmarkt hochgezogen. Gassenverstopfung. Es geht nicht weiter.
Wenn ich hier schon Beklemmung bekomme, was macht dann erst jemand mit Angst vor großen Menschenansammlungen? Das sind wahrscheinlich die Leute, die an eine Bude gelehnt ihre Zwölf-für-Zehn-Glühweingutscheine einlösen.
Aus terrorökonomischer Sicht ist der Weihnachtsmarkt ein Geschenk Gottes. Eine Bombe würde hier einiges reißen. Aber warum in Technik investieren, wenn vermutlich einmal laut „Feuer!“ schreien für eine Massenpanik reicht?
Was gar nicht zu wirken scheint: Keime. Gegen biologische Waffen wie Kolibakterien sind die meisten Freiburger immun. Die kaufen ja auch ihr Essen dreckig vom Biobauern. So haben sie ihre Mägen abgehärtet. Die vom SWR gemessenen Bakterien wurden deshalb aus den Glühweinbechern wieder abgezogen. Und außerdem: Bioterror, das ist sooo 2000-er!
Dieser Text ist ein Auszug aus dem fudder-Artikel »Terrorgefahr in Freiburg: An den Orten der Angst« vom 9. Dezember 2010.
Martins Weihnachtsevangelium:
- Vielleicht den Weihnachtsmann anbeten: Religionsgründung per Formular
- Die Ausweitung der Weihnachtszone: Gegen gegen Lebkuchen
- Das neue „Du legst auf“: Diesjahr schenken wir uns nichts