Gedrucktes (52)

Umta-umta-umta-dei-Mudder-ufftata


„Deine Mutter“: Hip-Hop von der Marching Band „Moop Mama“

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Es gibt einen Trend im Land: Junge Bläser erkunden für die Blasmusik ungewöhnliche Stilrichtungen in Marching-Band-Formationen. Sie schreiben eigene Songs, vergolden Hits; sie spielen unangekündigte Guerilla-Gigs und vor vollen Hallen; sie nehmen Alben auf und werden auf YouTube populär. Heute stellen wir Ihnen „Moop Mama“ vor.
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Erster Eindruck: „Blassportgruppe“ für zehn Jahre Jüngere. Statt Michael Jackson und Nineties-Rock spielen „Moop Mama“ scharfkantigen Hip-Hop. Musik wie Text sind dabei voller Zitate. Skater-Style und Hip-Hop-Habitus tragen sie weniger ironisch auf als die „Blassportgruppe“ ihre Bolzplatz-Leibchen. „Moop Mama“ wirken in ihrem Genre mit Liebe verankert. Ihre erste CD heißt „Deine Mutter“, die Tour „Deine Mutter ihre Tour“.

Gedruckt in der «blasmusik» • Ausgabe September 2012

Gedruckt in der «blasmusik» • Ausgabe September 2012

„Rap ist meine Geliebte / Sie schläft in meinem Bett / Aber zahlt keine Miete“, singt Keno Langbein im Track namens „Geliebte“. Er ist ein „Master of Ceremonies“ (MC) der alten Schule. Langbein kann freestylen, das heißt: zum Beat in Echtzeit ins Mikrofon reimen. Spontan improvisierte Texte wie aus dem Maschinengewehr. Beim Konzert auf dem Freiburger Zelt-Musik-Festival – dem ersten Freiburgbesuch der Münchner Band – steigt er hin und wieder von der Bühne und macht einen Rundgang durchs Spiegelzelt. Foppt die Sitzgäste, die an der Seite an ihren Tischen was trinken, statt auf der Tanzfläche zu schwitzen. Macht sich über die einschläfernde Wirkung des Bieres lustig – alles spontan gereimt und gerappt. „Moop Mamas“ Texte drehen sich um Liebe und um Hip-Hop selbst. Und um die Liebe zum Hip-Hop. Sie werden aber auch politisch: In „Paranoia“ rappen sie von Überwachungsstaat und Datenhandel. Die Choreografie dazu: Mit Stirnlampen leuchten die Musiker aus dem Bühnennebel, die Posaunen und Trompeten in angriffslustiger Haltung im Anschlag: „Ja, ich habe etwas zu verbergen.“

„Urban Brass“ – Musik mit Agenda

Der rote Faden für „Moop Mama“: Eroberung oder Rück-Eroberung des urbanen Raums. „Lasst uns die Straßen benutzen / Sie gehören nicht Lastwagen und Bussen / Ruf uns ’n Taxi oder schick uns die Bullen / Wir gehen nicht weg hier bis sie uns holen“ (Track „Bullenwägen“). Früher haben sie nur in Stadtparks oder auf Plätzen gespielt. Vereinnahmung oder – aus ihrer Sicht – Rückeroberung des öffentlichen Raums ist Programm.

Gerade befinden sich „Moop Mama“ an der kniffligen Schwelle vom Geheimtipp und Guerilla-Gig zur Kommerzialisierung. Erstes Album, Konzerte, Festivals, Tour. Vorerst aber kein Grund, sich nicht treu zu bleiben: Wenn sie abends ein Konzert spielen, das was kostet, geben sie mittags in der Stadt für alle ein spontanes Freiluft-Konzert. Urban Brass.

Gedruckte Texte von Martin JostElektronik wäre da ein Klotz am Bein: „Moop Mama“ sind vielleicht die einzige Hip-Hop-Combo, die ganz ohne Strom auskommt. (Abgesehen von der Batterie im Megaphon vielleicht.) Alles ist handgemacht – die Beats von den Drumsets, die Bassline vom Sousaphon.

„Moop Mamas“ Genre-Überschreitung funktioniert so gut, weil sie in ihren beiden Muttersprachen so flüssig sind: auf den Blasinstrumenten wie im Hip-Hop. „An alle, die den Namen nicht kennen / Wir sind eine Marching-Band / Tauchen auf einmal an Ecken auf wie ´ne Straßengang / Haben es auf dich abgesehen wie Uncle Sam / Es geht verdammt schnell, zack, bumm, bang / Und der Park ist voller neuer Moop-Mama-Fans.“

Text: Martin Jost • Foto: Eulenspiegel Booking


Besetzung:

Chrissi Holzhauser – Drums • Lukas Roth – Drums • Menzel Mutzke – Trompete • Martin Hutter – Trompete • Peter Palmer – Posaune • Jan Rössler – Posaune • Markus Kesselbauer – Tenorsaxophon • Johannes Geiss – Altsaxophon • Peter Laib – Sousaphon • Keno Langbein – Rap • Joerg Mayr – Sound



„Moop Mama“ sind am 26. Oktober 2012 im „jubez“ in Karlsruhe live zu erleben. Weitere Termine unter: www.moopmama.com.

Das aktuelle Album heißt „Deine Mutter“ und ist im Handel als CD bzw. als Download erhältlich. „Moop Mama“ steuern zum Film „Vatertage – Opa über Nacht“, der am 13. September 2012 in den Kinos anläuft, die Musik bei.


Auch noch:

Ein Kommentar

Eingeordnet unter 02 Gedrucktes (DI), 06 Martin Josts Kulturkonsum, 08 Drahtbildberichterstattung, 99 Archiv, blasmusik, Martin hört, Was geht in Freiburg?

Eine Antwort zu “Gedrucktes (52)

  1. Pingback: Kleinkunsteskalation | martinJost.eu

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