Lieber Jochen,
ich danke dir für deine Frage.
Ich wusste lange selbst nicht, was mein Nachname bedeutet, der, wie du weißt, mit kurzem „o“ ausgesprochen gehört (analog zu „Post“. Oder „Ost“.)
Eines Abends war ich mit meinen Eltern bei einer Lesung des Erzählers Rafik Schami. Weil er gute Geschichten erzählte und der Geburtstag meiner Schwester vor der Tür stand, kauften wir eins seiner Bücher für sie.
Als der Autor eine Widmung hinein schreiben wollte und nach dem Namen der Empfängerin fragte, erzählte er uns: Der Name „Jost“ sei eine Kurzform oder Abwandlung des Namen Joseph. Joseph beziehe sich hier auf einen Heiligen, der in Frankreich im Frühmittelalter ein Kloster gegründet habe, das sich später zum Benedektinerorden auswuchs. Oder so ähnlich.
Für uns Josts ist unser Name schon immer mit zeitlosen, edelmütigen Werten verbunden. Um das alte Jost-Familienwappen, dessen bescheidene Skizze ich mir erlaubt habe dir hier beizufügen, läuft die aus den Buchstaben J-O-S-T abgeleitete Losung „Jolalitæt – Ongagement – Schuhverlæssigkeit – Thalent“. (Du erkennst an der alterthümlichen Schreibweise, wie viele Jahrhunderte die Losung sich schon in unserem Wappen befindet.) Diese Ansprüche halte auch ich hoch.
Der Name Jost/Joseph verpflichtet und um unsere Verbundenheit zu den J-O-S-T-Idealen zu zeigen, wird er in meiner Familie in jeder Generation entweder als Vor- oder als Nachname getragen. So hieß mein Opa zwar nicht Jost mit Nachnamen, aber Joseph vornedran. In meiner Generation heißen wir alle hinten Jost. Meine Neffichten wiederum nicht mehr, aber unter ihnen gibt es sowohl einen Yosef als auch eine Josephine.
Übrigens scheint der Name umso häufiger zu sein, je weiter man nach Westen kommt. In meiner alten Heimat waren wir nur zwei oder drei im Telefonbuch. Hier am Rhein sind wir eine ganze Menge Josts allein im Dienst-Telefonbuch der Uniklinik. (Das passt zur These von der Herkunft aus Frankreich.) Folgerichtig gibt es in Amerika einen ganzen Arsch voll Josts. Das weiß ich, weil ich mal eine Genealogie-Newsgroup abonniert hatte, in der US-Josts/Yosts nach dem letzten gemeinsamen Vorfahren vor dem Rübermachen in die Neue Welt suchten.
Nochmals danke, Jochen!
Und jetzt fragt mich was Neues.
Huhu! Fact-Checking-Abteilung hier:
Wir unterstellen Herrn Jost, dass er sich gewiss nach bestem Wissen und Gewissen erinnert hat. Wie im Text deutlich wird, gibt er nur indirekt wieder, was er von den Aussagen eines Dritten (Herrn Schamis) erinnert. Um Herrn Schami nicht Unrecht zu tun, wollen wir einräumen, dass es möglich ist, dass Herr Jost sich nur so mittelgut erinnert. Immerhin war Herr Jost gerade mal in der 7. Klasse, als Herr Schami im Sommer in der Aula von Herrn Josts Schule las.
Eine Wikipedia-Recherche ergibt, dass Namenspatron der Josts der heilige Jodok ist. Eine Beziehung zum Namen Joseph drängt sich nicht auf.
Weiters verrät Wikipedia, dass der Schriftsteller Peter Bichsel über den heiligen Jodok eine Kindergeschichte geschrieben hat. Peter Bichsel las im Sommer vor Rafik Schami in Herrn Josts Schules Aula (und im Jahr davor Thomas Hürlimann). Dass Peter Bichsel aufgrund seiner professionellen Auseinandersetzung mit dem heiligen Jodok über ihn und Jost palavern würde, ist demnach wahrscheinlich, aber kein Indiz gegen Herrn Josts erinnerte Version, in der er Rafik Schami vor seinem geistigen Auge sieht.
Lebensgeschichte:
- Jede Woche ein neues Land: Wie Martin zur See fuhr
- Ich danke meiner Familie: Wie Martin Kriegsdienstverweigerer wurde
- Wenn Ihnen das gefällt … Martins Musikgeschmack