Die im September 2020 viel zu früh verstorbene Bürgerrechtlerin und Richterin am Obersten Gerichtshof der USA, Ruth Bader Ginsburg, war mit über 80 Jahren noch zur Popfigur geworden.
Die Doku «RBG» porträtiert Bader Ginsburg mit einer Mischung aus Interviews – Interviews mit ihr selbst, mit ihrer Familie, mit Kolleg*innen, mit Madant*innen, mit Schulfreudinnen und auch mit Präsident Clinton, der sie 1993 ans Verfassungsgericht berufen hatte. Betsy West, Julie Cohen (beide Regie) und Claudia Raschke (Kamera) durften RBG aber auch privat begleiten, zum Beispiel beim Fitnesstraining und in die Oper.
Weitere Striche zum Porträt sind historische Bild- und Tondokumente. Dank der Praxis, Verhandlungen auf Tonband zu dokumentieren, können wir RBG’s Plädoyers vor dem Supreme Court aus den Siebzigerjahren im Original hören.
Sehr glückliche Fügung
Bevor Bader Ginsburg 1993 Richterin wurde, hatte sie mehrere grundlegende Fälle von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verhandelt – damals noch als Anwältin. Als Vertreterin der Klagenden vor dem Verfassungsgericht hat sie entweder gewonnen oder konnte die folgenden Gesetzesänderungen als Erfolg verbuchen.
Die Doku «RBG» zeigt eindrücklich, wie alltäglich und systematisch die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts war und ist – in aller Regel zum Nachteil von Nicht-Männern.
Auf einer zweiten Ebene erzählt der Film, dass Bader Ginsburgs Karriere nur möglich war, weil sie eine für ihre Generation untypische Beziehung führte. Ihr Ehemann, selbst ein praktisch wie akademisch erfolgreicher Jurist, wechselte sogar den Job und den Wohnort, als seine Frau Karriere machte. Das „sogar“ in diesem Satz bekommt Bader Ginsburg bis in die Gegenwart zu hören.
Aus heutiger Sicht möchten wir sagen: Dass RBG 1993 als gerade einmal zweite Frau an den Supreme Court kam und auch, dass sie mit ihren Fällen vor eben diesem Gerichtshof in den Siebzigerjahren wichtige Bürgerrechte erstritt, war allerhöchste Zeit. Aber natürlich zeigt der Film auch, wie wenige gut ausgebildete, erfahrene Frauen im Rechtswesen zur Verfügung standen. Sie fehlten aufgrund gerade derjenigen Ungerechtigkeiten und Hemmnisse, gegen die Ruth Bader Ginsburg kämpfte. Sowohl im akademischen Umfeld, als auch in der juristischen Tätigkeit war sie ausdrücklich unerwünscht, weil sie eine Frau war. Ihre Hartnäckigkeit und etwas glückliche Fügung ließen sie den Teufelskreis durchbrechen, der Frauen davon abhielt, gegen Diskriminierung zu kämpfen.
Ruth Bader Ginsburgs Persönlichkeit, Klugheit und Ausdauer ließen sie diese Widerstände überwinden und bis zu ihrem Tod an einer gerechteren Gesellschaft arbeiten. Der Film «RBG» zeigt sie als Person, die die Rolle als Superheldin und Ikone souverän ausfüllte.
RBG
(Deutscher Titel: «RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit»)
USA 2018
Produktion, Regie: Betsy West &
Julie Cohen
97 min
Erhältlich auf DVD sowie als Stream bei amazon Prime Video u.a.
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