Schlagwort-Archive: 2000

Abschied/Dinge

Handy #1

Erstes Handy

Freiburg • martinJost.eu


Wir nehmen heute Abschied von Martins Alcatel OneTouch 302 †. Das Alcatel war Martins erstes Handy. Er konnte sich lange aus sentimentalen Gründen nicht von ihm trennen, wenngleich es schon viele Jahre nicht mehr funktionierte. Weiterlesen

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Besinnliches

Weimar. (mjeu/majo) Weil heute Weihnachten ist, gibt es ein Geschenk: Meine Glosse «Original gesucht»/«Die Olle»/«Hab’ da ma’ ‘ne Fraache» von mir vorgelesen.*

Den Text über eine einsame alte Frau, die mal zu Weimars Inventar gehörte, findest du hier in seinen Buchstabenfassungen:

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Übern Wintern

Das «Infinite Jest»-Logbuch (3)

Mit Exkursen zu «Wonder Boys», Postmoderne und «Frühlings Erwachen»

0027<|>1052. Kapitel 2. Nacht dunkel; plötzliche Kühle; Schwache Böen und Regenschauer; übrige Weinseligkeit.

Was ich mal

Was ich mal wissen möchte: Woher kommt die Fixation auf das Motiv Wolken in den ganzen englischen Publikationen von und um «Infinite Jest?»

Ein Drogensüchtiger richtet sich zu Hause für Tage langen Rausch ein. Er hat an alles gedacht (das macht die Erfahrung). Alles, was noch fehlt, ist die Dealerin. Weiterlesen

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Weimar und die Medien

Gedrucktes

Gedrucktes

TLZ-Aktion

Weimar und die Medien

»local village« bei »act 2000« präsentiert

◊ Von Martin Jost

Weimar. (tlz) Berufswelt Me­dien: Mit Videoproduktionen, Broschüren und Schaubildern stellte sich die Fakultät »Medien« der Bauhaus-Uni auf dem Zukunftsforum »act 2000« im mon ami vor. Weiterlesen

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Die Stadtneurose I

Gedrucktes

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Da war er nun, der John. Sekunden vorher hatte er noch in einer so vollkommen anderen Existenzform festgesessen: als bloßer Gegenstand ohne jede Wahrnehmung der Welt um ihn herum. Er war nämlich nichts gewesen als eine Statue eines ach so tiefgründigen plastischen Kunstwerks feinster Güte, das übrigens vor dem Neuen Museum stand.

Thomas Schütte: »Großer Geist«.

Thomas Schütte: »Großer Geist«. (Plastik vor dem Neuen Museum in Weimar.) Bronze poliert, farblos lackiert. Entwurf 1997, Ausführung 1998.

Bis vor ein paar Sekunden. Weiterlesen

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Gefunden: Eva heißt Sophie

Gedrucktes

Gedrucktes

• Worum geht es hier?

Ein Lebensabend in einem Altenheim

Von Martin Jost

Thüringische Landeszeitung vom 30. Dezember 2000

Thüringische Landeszeitung vom 30. Dezember 2000

Weimar. (tlz) Manchen Weimarern ist »Eva« mittlerweile auch unter ihrem richtigen Namen bekannt: Sophie B. heißt sie, die zum Stadtbild gehörte wie das Goethe- und Schiller-Denkmal.

Entgegen den Befürchtungen Vieler ist die alte Dame noch am Leben. Zum Verkaufen in die Stadt kommt sie jedoch nicht mehr, seit sie merkte, dass ihr immer seltener etwas abgenommen wurde.

Ihre mit dem Verkauf von Obst und Pflanzen erzielten Einnahmen waren für sie aber offenbar lebenswichtig. Denn seit sie damit kein Geld mehr verdiente, wurde von einer in derselben Straße lebenden Familie, die nicht namentlich genannt werden möchte, beobachtet, wie die 77-Jährige körperlich permanent abbaute. Auch klingelte sie täglich bei ihren Nachbarn und bat um Essen.

Der Anteilnahme besagter Familie ist es zu verdanken, dass Frau B. einen Platz in einem Weimarer Altenheim erhielt. Und: Seit sie dort lebt, geht es ihr wieder besser.

Warum ein Mensch jeden Tag unter so unwürdigen Bedingungen Geld verdienen musste, ist nicht klar. Allerdings kursieren Gerüchte, denen zufolge fremde Menschen sie um ihre Rente betrogen haben. Gerüchte halt. Frau B. selbst war zu einem Gespräch nicht bereit. Aber mit ihr zu sprechen, war schon immer etwas schwierig.

Freiburg. (mjeu/majo) Im Sommer 2000 hatte ich meinen ziemlich erfolgreichen Einstieg in den Nebenjob Zeitung schreiben. Die Berliner Zeitung bat mich nach einem Auftritt auf dem Kongress der Redenschreiber Deutscher Sprache um einen Beitrag für ihre Glosse Unterm Strich im Feuilleton. Ich bereitete einen Text vor, der auch in der BerlZ gedruckt wurde, ich brachte ihn aber auch in die Arbeit der Redaktion des journal d’ami mit ein. Eine Kollegin aus der Redaktion im mon ami durfte ihn natürlich gern in der Schülerzeitung »frequenz« des Goethegymnasiums drucken, woraufhin mir meine Debattierclublehrerin Vorhaltungen machte: Wie ich nur der Schülerzeitung vom Goethe einen Text anbieten könnte, aber meinem eigenen Schillergymnasium nicht. Natürlich habe ich das Versäumnis umgehend nachgeholt und der Text erschien als Viertes in »Schillers Erbe«. Als Redaktionsmitglied vom journal d’ami nahm ich an einem Zeitungsschreiben-Workshop der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) teil und der Redaktionsleiter kannte meinen Text »Original gesucht« aus »Schillers Erbe«. Natürlich durfte er ihn gern auch abdrucken und ich nahm den Auftrag an, Nachforschungen darüber anzustellen, was aus Eva/Sophie eigentlich geworden war. Zwischen meinem Impuls in den Sommerferien, irgendwas mit Schreiben zu machen und den Hörer abzunehmen und mich beim journal d’ami vorzustellen und meinem Fuß in der Tür bei einer Tageszeitung, in der ich ab sofort wochenends als freier Reporter tätig wurde, war ein halbes Jahr vergangen.

Nächste Woche in »Gedrucktes«: »Hab’ da ma’ ne Fraache« – »Die Olle« in der Weimarer Zeitung.

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Die Olle

»Gedrucktes« von Martin Jost

»Gedrucktes« von Martin Jost

Weimar

Die Olle

von Martin Jost

BerlZ

Berliner Zeitung vom 20. Oktober 2000 (Nr. 245).

Man ist nicht undankbar hier zu Stadte, dass den 60000 Einwohnern endlich ein Kino gebaut wurde. Und doch fehlt etwas.

Weimar wurde stets durch unterhaltsame Inventarstücke im Stadtbild belebt: Hüppmarie, Walter der Trinker – und das Original schlechthin. Sie wurde »die Olle« genannt oder »Ich hab da ma’ ne Faache…«, getreu ihrem eigenen Werbespruch, an den sich immer ein individuelles Verkaufsgespräch anschloss. Sie konnte nicht jünger als achtzig gewesen sein. Ein rosenstrauchartiger Bart ragte aus ihrem Gesicht. Sie lief durch die Fußgängerzone und offerierte „Äppel, Börnen, Feilschen, Dulben, Blümschen, Osterkloggen, Tschwetschen“. Die Olle zeichnete sich aus durch einen enthusiastischen Geschäftssinn und bot auch in Cafés ihre Ware an. Bis sie rausflog.

Touristen waren fast die Einzigen, die keinen großen Bogen um die kleine Händlerin schlugen. Nur ein paar Leute hatten Mitleid mit der Frau in dem verwaschenen Steppmantel (bei Temperaturen von minus 25°C bis plus 29,9°C) oder dem rosa Schultütenkleid (ab 30°C) und gaben ihr ihre fünf Mark oder mehr, verweigerten aber die Mitführung der Ware. Das Obst lag in einer dunklen, schmutzigen zweirädrigen Tasche, und so holte es mit Händen heraus, in die sie sich zuvor geschnäuzt hatte. So faulig die süßen Mirabellen, so trocken waren die Blütenpflanzen.

„Du blöde Sau!“, „Du altes Schwein!“, „Fresssack!“ oder einfach „Du Arschloch!“ sagte sie zu den Schmähern ihrer Früchte und steckte die fünf Mark ein. Auch kleine Kinder, die ihre Füßchen wohlgezielt und mit Schwung auf der Straßenhändlerin Hinterteil platzierten, wurden so beschimpft. Das war dann ein Ereignis, vor allem für die Fremden. Mittags setzte sie sich auf eine Bank und verzehrte ihre Käsebemme. Wenn sie in diesem verwundbaren Zustand von gemeinen Kindern erspäht und belästigt wurde, konnte sie nicht zurücktreten.

Mindestens acht Stunden täglich war sie im Stadtzentrum auf den Beinen. Das machte sie zum Mythos. Man fragte sich, woher sie kam. Bürger folgten ihr abends über die Landstraße zu ihrem Dorf, um es herauszufinden.

Ihr Mann sei gestorben und nun bringe sie sich mit dem Ertrag ihres Gartens durch, versuchten die einen ihre Beweggründe zu erklären. Ihr Sohn schlage sie, wenn sie nicht jeden Abend Obst in Geld umgewandelt habe, sagten andere. Sie mache das für verschiedene Bauern und erhalte für das abgelieferte Geld eine Tasse Kaffee, sagte sie selbst einmal, und einer glaubte ihr.

Nun ist sie weg. Vielleicht, weil die Verwaltung ihr Innenstadtverbot auferlegt hat, vielleicht, weil sie gestorben ist. So unlieb einem die Vorstellung auch ist, aus heiterem Himmel wieder von ihr angesprochen zu werden – sie fehlt.

Dieser Text in der Fassung des journal d’ami.

Berlin. (berlz/mjeu/majo) Mein Text über ein Weimarer Original wurde 2000 zuerst in der Berliner Zeitung abgedruckt. Der zuständige Redakteur Martin Z. Schröder trieb mich zu starkem Redigieren an, so dass diese Fassung des Textes mit Sicherheit die kompakteste und prägnanteste ist – gleichzeitig ist es aber nicht meine Lieblingsfassung. Die Längen, die er entbehrt, enthalten viele Eigenheiten meines Schreibstils und ich mag daher zum Beispiel die Fassung aus dem ▲journal d’ami lieber – ohne, dass die perfekter wäre.

In der nächsten Woche in Gedrucktes: Eine weitere, leicht veränderte Fassung dieses Textes, die in der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) erschien.

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