Ich habe in Oberbayern Kaffee angebaut und gerade die erste Ernte eingefahren

Die deutsche Kaffeesteuer beträgt für Röstkaffee 2,19 Euro je Kilogramm und wird fällig, wenn man Röstkaffee herstellt. Jetzt geht mir die Frage nicht aus dem Kopf, ob ich in meiner Steuererklärung angeben muss, wenn ich in meiner Bratpfanne Kaffee röste. Noch ist es allerdings nicht so weit.

Ich besitze eine Kaffeepflanze – Sorte Coffea arabica – und sie steht an einem Südfenster im Wohnzimmer. Vor vielleicht fünf, sechs Jahren habe ich sie in einem Supermarkt gekauft. Tagträumereien, in denen ich eines Tages meinen eigenen Kaffee ernte, haben sich schnell zerschlagen: Beim Rumlesen lernte ich, dass Deutschland meiner Staude viel zu wenig Sonnenstunden zu bieten hat. Ohne Licht keine Blüte keine Frucht. Noch dazu ging es ihr anfangs nicht besonders gut. Ich muss die Pflanze zu viel gegossen haben. Zwischendurch war sie mickrig und kahl und dem Tode näher als dem blühenden Leben.

Im Juni des letzten Jahres hat sie dann auf einmal geblüht.

Unscheinbare, kleine weiße Kaffeeblüte

Die Blüte habe ich zufällig entdeckt. Eher unscheinbar, war sie relativ schnell schon welk und ist abgefallen. Ich hatte keine Hoffnung, dass sie befruchtet worden war. Windstill, keine Insekten in der Wohnung … ich wusste ja nicht einmal, ob Kaffeeblüten ein- oder zweigeschlechtlich sind.

Grüne Kaffeekirsche steht vom Zweig ab. Sie hat ungefähr die Form einer Olive, aber nur ungefähr ein Drittel der Größe einer Olive

Zumindest das weiß ich jetzt besser: Kaffee macht es sich nicht allzu schwer. Kurz nach Abfall der Blüte wuchs an ihrer Stelle ein kleiner grüner Knubbel.

Kaffeepflanzen tragen Kirschen. Deren Kerne nennen wir ihrer Form wegen „Bohnen“, obwohl es keine Bohnen sind, sondern Kirschkerne. Die reife Kirsche ist rot und schmeckt süß. Ein Tier, das relativ viele wildwachsende Kaffeekirschen verdrückt, ist die indonesische Schleichkatze. Die Kirschkerne kackt sie danach aus, sie sind nur etwas angedaut. Die Häufchen werden gesammelt und die Kaffeebohnen, die die Katze netterweise nassfermentiert hat, werden gewaschen, getrocknet und geröstet und dann als der teuerste Kaffee der Welt verkauft. Ich habe in meiner dekadenten Jugend einmal runde 30 Euro für 100 Gramm bezahlt. Einschließlich Kaffeesteuer.

Eine Gastro-Thermoskanne in einem Frühstücksraum. Auf dem Edelstahlzylinder steht direkt unter dem Markennamen "Luxus" das Wort "Kaffee".

Ich hätte ja schon gern mal gewusst, wie eine Kaffeekirsche schmeckt. Dass ich erleben würde, wie sie reift, glaubte ich allerdings nicht, von wegen Sonnenstunden und so. Einmal habe ich gelesen, dass ein Berliner Hipsterladen Kaffeekirschensaft vertreibt. Haben die Kirschen also genug Fruchtfleisch, dass man sogar Saft daraus pressen kann?

Nach fast sechs Monaten mit einer grünen Kirsche im Haus war meine Hoffnung praktisch null, dass sie noch rot werden würde. Ich war ja schon erstaunt, dass sie nicht längst abgefallen war. Gewachsen ist sie schon lange nicht mehr. Dabei hätte ich leicht nachlesen können, dass das eine ganz normale Reifezeit für Kaffeekirschen ist (Quelle: Internet). Mitte Dezember fing sie an, rot zu werden.

Die grüne Kaffeekirsche changiert an ihrer Spitze ins Braune, schon fast Rötliche

Innerhalb weniger Tage war sie ganz und gar hellrot. 

Hellrote Kaffeekirsche am Zweig

Ich habe nur mal ein bisschen an ihr gewackelt, um zu sehen, ob sie noch gut sitzt, da hat sie sich praktisch von selber geerntet.

Eine Kaffeekirsche liegt neben einem welken Kaffeeblatt.

In der aufgeschnittenen Kirsche sitzen zwei Kerne, die nochmal von einer glitschigen Schicht Fruchtfleisch umhüllt sind. Viel zu kauen gibt es nicht. Ich habe das Fruchtfleisch probiert und es schmeckte kaum süß. Am ehesten wie eine Grapefruit, aber ohne jede Säure; oder vielleicht wie Gemüsepaprika. Lag das an dem wenigen Sonnenlicht im Vergleich zu den Tropen?

In der aufgeschnittenen Kaffeekirsche, die kaum Fruchtfleisch enthält, liegen zwei Kerne eng beieinander.

Meine zwei Kaffeebohnen reichten noch nicht einmal für eine Tasse Espresso. Zumal die eine der beiden wirklich kümmerlich war. Ludwig van Beethoven hat immer genau 60 Kaffeebohnen für eine Portion Kaffee gemahlen.

Unter einer Kaffeemaschine steht ein Kaffeebecher mit der Aufschrift "Schwarztrinker"

Ich habe mich entschlossen, die Bohnen unangespitzt und ungeröstet in den Boden zu rammen und vielleicht eine neue Kaffeepflanze daraus zu ziehen.

Zwei grüne Kaffeebohnen liegen in nasser Erde, um zu keimen

Entgehe ich damit nicht auch vorerst der Kaffeesteuerpflicht? Es gibt eine gute Nachricht für alle, die immer meinen, das deutsche Steuerrecht wäre nicht lebensnah: „Das Herstellen (Rösten) von Kaffee in Privathaushalten zum Eigenverbrauch ist steuerfrei und unterliegt keiner amtlichen Überwachung“, heißt es auf der Website „Zoll online“. #1000ganzlegalesteuertricks

Dann kann ich die nächste Ernte ja getrost rösten! Wenn die Böhnchen im Keimen genau so unkompliziert sind wie im Blühen und Fruchten, dann brauche ich nichts weiter als eine starke Tasse Geduld.

Auf der Informationstafel heißt es: "Coffea arabica L. Kaffee Heimat: trop. 0-Afrika, bes. die Hochländer von Äthiopien u. Kenya. Die ausgereift dunkelroten Beeren oder Kaffee kirschen enthalten in ihren hornig-pergament artigen Fruchtfächern 2 länglich-halbkugelige, von einer dünnen Schale, dem Silberhäutchen, umhüll te Samen, die Kaffeebohnen. Zur Herstellung marktfähigen Rohkaffees wer den entweder im Naß- oder Trockenverfahren Fruchtfleisch, Horn- oder Pergamentschale und Silberhäutchen entfernt. Die anregende Wirkung des Kaffees beruht auf dem in ihm zu etwa 0,7-2,5 0/0 enthaltenem Alkaloid Coffein."
Informationstafel im Botanischen Garten München

2 Kommentare

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2 Antworten zu “Ich habe in Oberbayern Kaffee angebaut und gerade die erste Ernte eingefahren

  1. Tim

    Bei den Blüten kann ich dir weiterhelfen: Die Pflanze ist selbstfertil, sie bestäubt sich also selbst 😉

    LG, Tim

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